22
Jan
2016
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Über Kind und Kegel, Bastard und Baungat. Und den Rest der Bagage.

Wer mit Kind und Kegel unterwegs ist, verreist, umzieht oder auch flüchtet, so verstehen es die meisten, hat die gesamte Familie und möglicherweise auch sein gesamtes Hab und Gut mit dabei. Welche Rolle der „Kegel“ dabei genau spielt, hat mit einer Bedeutung des Wortes zu tun, die bereits seit dem 17. Jahrhundert wieder weitgehend in Vergessenheit geraten ist: der Kegel als Begriff für die aus unehelichen oder auch außerehelichen Beziehungen entstandenen (zumeist männlichen) Nachkommen. Was sie von den „echten“ Kindern unterschied, war vor allem ihr rechtlicher Status – obwohl dieser gar nicht immer der schlechteste gewesen sein muss.

Die Paarformel Kind und Kegel spricht im Grunde also von der gesamten Nachkommenschaft eines Mannes, einschließlich aller ehelichen und unehelichen Kinder. Sie zeugt u.a. von der klaren Unterscheidung und davon, dass Letztere nicht als vollwertige Familienmitglieder zu rechnen waren. Im Mittelalter zumindest. Heute sollte das wohl anders sein, denn da wo wir herkommen, sind unehelich geborene Kinder keine Seltenheit mehr (obwohl ihnen auch hierzulande erst seit den 1970ern dieselben Erbrechte zuteil werden wie Kindern verheirateter Eltern). In Deutschland waren es im Jahr 2013 immerhin 34,8% (im Vergleich zu 7,2% im Jahr 1970), In Österreich ein Jahr davor bereits 41,5% und Spitzenreiter Estland verzeichnete schon 2009 einen Prozentsatz an nicht von verheirateten Paaren geborenen Kindern von 59%.

So ganz gehen die Kinder unserer heiratsmüden Generation allerdings nicht als Kegel durch. Frühen Erklärungen zufolge sind Kegel nämlich jene Nachkommen, die mit einer „Nebenfrau“, einer Kebse, Konkubine, oder der späteren Mätresse gezeugt wurden. Nun scheint sich die Definition zwar nicht auf Nebenbuhlerinnen zu beschränken, aber in jedem Fall war eine sexuelle Beziehung zwischen nicht (miteinander) verheirateten Personen eher unehrenhaft. So etwas wie wilde Ehen gab es nicht. Umgekehrt waren außereheliche Beziehungen und die daraus geborenen Kebskinder aber wohl eine nicht allzu ungewöhnliche Erscheinung. Immerhin wurde ihnen nicht nur eine offizielle Bezeichnung, sondern auch ein eigener rechtlicher Status zugedacht. Diskriminierend war das allemal. Einem Kegel blieben beispielsweise nicht nur grundlegende Erbrechte verwehrt, sondern er war auch von bestimmten Handwerkszünften ausgeschlossen, die es ihren Betrieben ausdrücklich verboten, Kegel als Lehrlinge aufzunehmen.

Lieber Bastard als Baungat

Und doch war der Status des unehelichen Kindes in manchen Fällen besser, als gar kein Status. Das erzählt auch der Begriff Bastard, der im Feudalwesen ein von einem Adeligen gezeugtes (und von ihm anerkanntes) Kind einer außerehelichen Verbindung bezeichnete. Bis etwa zum 15. Jahrhundert war diese Bezeichnung gar nichts Negatives, sondern räumte den Betroffenen sogar ein wenig mehr Rechte und Ansehen ein, als den gewöhnlichen Bürgern ganz ohne blaues Blut. Der negative Beigeschmack kam erst später. Und das Wort an sich, das kommt einer Theorie zufolge vom altägyptischen Bastet-Fest („Schönes Fest der Trunkenheit“), dessen berauschtes Treiben dazu führen konnte, dass die neun Monate später gebärenden Frauen ein Kind ohne bekannten Vater zur Welt brachten. Wilde Theorie.

Eine Ebene unter dem Bastard gab es dann noch den Bankert, oder Baungat, wie der Begriff heute noch gerne für als weniger lieb empfundene Kinder verwendet wird. Das waren dann solche, die mit der Magd oder einer anderen Hausangestellten sprichwörtlich auf der „Bank“ der Küche gezeugt wurden. Ihr Nachteil: sie waren oftmals nicht von ihrem Erzeuger anerkannt und/oder stammten noch nicht einmal von einem Adeligen ab. Sozusagen die unterste Liga des Kegels.

Vom Pflock zum Kind und vom Gepäck zum Pack

Der Begriff „Kegel“ selbst hat übrigens nicht unbedingt etwas mit der Spielfigur zu tun. Dafür haben die beiden aber dieselbe Wurzel, die sehr wahrscheinlich auf das althochdeutsche Wort „kegil“ für „Pflock“ oder „Knüppel zurückführt. Wo, wann und warum genau dann die gedankliche Verbindung zu der nur zweitklassigen Nachkommenschaft entstand, darüber sind sich auch die Quellen nicht einig. Die daraus hervorgegangene Redewendung ist jedenfalls laut Gebrüder Grimm bereits seit dem 13. Jahrhundert literarisch belegt. Bis zu unserer heutigen Wahrnehmung erlebte sie außerdem eine Art Bedeutungserweiterung und wird von uns großteils nicht mehr nur noch als (ungewollter) familiärer „Anhang” verstanden, sondern als gesamte Familie mit all ihrem Besitz. Eine quasi umgekehrte Entwicklung wie im Falle der Bagage, bei der aus dem harmlosen Reisegepäck die eindeutig negativ behaftete „Bagage“ an zwielichtigen Gestalten, das „Pack” oder gar „Gesindel” wurde.

Was Kegel, Bagage und Gepäck, Bastard, Baungat und vielleicht sogar das eheliche Kind ansonsten noch gemeinsam haben, ist ihr oftmals viel zu schlechter Ruf als scheinbar allzu schwere Last im Leben ihrer Nächsten.

 

 

Zusätzliche (zu den hier genannten) Quellen:

statista.com: Anteil der unehelichen Kinder an allen Geburten
oif.ac.at: Statistische Informationen zu Familien in Österreich
spiegel.de: Geburtenstatistik: Jedes dritte Kind wird unehelich geboren
t-online.de: Noch nie so viele uneheliche Kinder geboren

Urheberrecht Bild: ossidiana, opencliparts.org

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