17
Okt
2014
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Der Sieg gegen Windmühlen. Oder: Besser eine Traumwelt als gar keine Träume.

Wer gegen Windmühlen kämpft, lässt sich auf einen chancenlosen Kampf gegen übermächtige Gegner ein. So wird diese Wendung oft gebraucht und auch verstanden. Bei näherer Betrachtung ergeben sich allerdings mehrere Fragen, nämlich, warum denn überhaupt jemand gegen Windmühlen kämpft, was die einem wohl getan haben könnten und warum sie für das Unbesiegbare stehen.

Der Ursprung dieser Wendung geht zurück auf Don Quijote von Miguel De Cervantes, dem wohl berühmtesten Roman der spanischen Volksliteratur, der 2002 sogar zum besten Buch der Welt gewählt wurde. Am 11. Oktober 1605, erschien sein erster Teil.

Wer gegen Windmühlen kämpft, hat keine Gegner

Der Roman erzählt die Geschichte eines verarmten Landadeligen, der Ritterromane liebt und die längst vergangene Ritterwelt immer mehr zu seiner eigenen Realität werden lässt. In dieser Realität wird er selbst zum Ritter Don Quijote, sein dürrer Gaul zu einem stattlichen Pferd, sein Weggefährte, ein einfacher Bauer, zum Knappen Sancho Panza und seine Reisen zu heldenhaften Abenteuern. In seinem wohl berühmtesten Abenteuer kämpft Don Quijote gegen mächtige, vielarmige Riesen, die für alle anderen bloße Windmühlen sind. Für Don Quijote ist dieser Kampf aussichtslos, weil die Riesen unbesiegbar zu sein scheinen. Doch für den Beobachter ist er vor allem sinnlos, da es hier doch eigentlich gar keinen Gegner gibt. Kämpft deshalb heute jemand gegen Windmühlen, ist es genau genommen nicht nur ein chancenloser Kampf, sondern einer gegen eingebildete, in der realen Welt nicht existierende Gegner, oder besser gesagt gegen Gegner, die niemand sehen kann, außer man selbst.

Ich sehe was, was sonst niemand sieht

Und so ein Kampf muss erst recht aussichtslos und unschaffbar erscheinen, wenn niemand außer einem selbst den Grund dafür sehen kann. Wie kräfteraubend muss es sein, zu kämpfen und zu kämpfen, während alle andere meinen, die Gefahr wäre bloße Einbildung? Wie schlimm muss es sein, der absolute einzige Mensch zu sein, der den eigenen Gegner sehen kann? So war das im Falle von Don Quijote, der seine Welt noch nicht einmal mit seinem Weggefährten Sancho teilen konnte – auch für ihn ist Don Quijotes Ritterdasein nämlich nicht mehr als eine Wahnvorstellung. Auch er kann die Welt nicht sehen, wie sie durch Don Quijotes Augen aussieht. Er ist es schließlich auch, der Don Quijote den Beinamen „Ritter von der traurigen Gestalt“ verpasst – ebenfalls eine Wortfügung, die es in unseren Sprachgebrauch geschafft hat.

Traumwelt oder Träume leben

Der Duden erklärt, der „Ritter von der traurigen Gestalt“ bezeichne einen „jämmerlichen, bedauernswerten“ Mann. Ist er das denn – jämmerlich und bedauerlich? Ist er zu bedauern, wenn er ein Leben voller Abenteuer lebt, an die große Liebe zu seiner angebeteten Dulcinea glaubt und daran, mit seinen Taten die Welt retten zu können? Ich kann mir etwas Schlimmeres vorstellen. Zum Beispiel eine Welt, in der man sich selbst ganz klein und unwichtig fühlt, wo nichts von großer Bedeutung ist und man selbst nie die wirklich großen Gefühle erleben kann. Vielleicht ist es jämmerlich und bedauernswert, in einem Traum zu leben. Andererseits hat doch ohnehin jeder seine eigene Realität. Und in der kann man, wenn man will, bestimmt auch Windmühlen erlegen.

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