1
Feb
2015
13

Die vielen Namen der Polizei. Deutsch, Österreichisch und überall Jiddisch.

Es gibt Berufe, die für mich schon deshalb der absolute Albtraum wären, weil sie mit sich bringen, von vielen anderen Menschen gefürchtet, verachtet oder zumindest nicht besonders gemocht zu werden. Dazu gehören Parkwächter, Schiedsrichter, teilweise leider auch Lehrer und die Polizei. Um Letztere soll es heute gehen.

Kürzlich haben wir ja die Theorie besprochen, dass Sprachen immer für die Dinge oder Zustände besonders viele Wörter haben, die in der jeweiligen Kultur eine sehr große Rolle spielen. Dieser Theorie zufolge wäre die Polizei für uns deutschsprachige Menschen von höchster Bedeutung. Denn nicht nur in Österreich, auch in Deutschland gibt es so einige bunte Perlen, die zeigen, wie wir über sie reden – die Polizisten.

Bullen, Polente oder weiße Mäuse

Aus Deutschland kommt beispielsweise der heute meist nur noch ironisch gebrauchte Ausdruck Freund und Helfer, der aber nicht – wie oft angenommen – von SS-Reichsführer Heinrich Himmler stammt, sondern bereits 1926 von dem preußischen Innenminister Albert Grzesinski in einem Vorwort eines Buches zur Berliner Polizeiausstellung erwähnt wurde. Eine Selbstwahrnehmung, die heute allerdings nicht mehr von der Polizei als Slogan verwendet wird.

Von den Bullen war zwar einmal vorwiegend in Deutschland und der Schweiz die Rede. Doch der Begriff wurde längst auch nach Österreich geschwappt. Er leitet sich einer Erklärung zufolge von dem niederländischen Wort „bol“ ab, das „Kugel“ aber auch „Kopf“ bedeuten kann, und bezeichnet demnach einen „Menschen mit Köpfchen“. Von dieser Theorie sind aber wohl nicht alle überzeugt. Eine zweite meint, der Bulle wäre ganz einfach aus den Wörtern „Polizei“ bzw. der Kurzform „Pole“ oder auch „Puhler“, dem rotwelschen Wort jiddischer Herkunft für „Polizist“ entstanden. (Was Rotwelsch ist? Weiter unten kommt die Erklärung). Und dann gibt es noch eine Information, die zwar in diesem Zusammenhang nie erwähnt wird, die ich aber wirklich interessant finde. Der Duden online erklärt zu dem Wort Bulle nämlich, dass es im mittelniederdeutschen auch die Bedeutung von „der Aufgeblasene“, bzw. „Der Strotzende, bezogen auf die Geschlechtsteile“ hatte. Aha!

Auch sehr schön: die Polente. Man würde annehmen, das sei eine bloße Abwandlung von „Polizei“. Anscheinend führt aber auch hier die Spur zum Jiddischen, wo das Wort „paltin“ ursprünglich einfach „Burg“ und später auch „Polizeirevier“ bedeutete.

In Deutschland sprach man außerdem einmal von den weißen Mäusen – eine umgangssprachliche Bezeichnung für die deutsche Autobahnpolizei in den 50er und 60er Jahren, weil diese mit weiß lackierten Flitzern und weißen Uniformen unterwegs war. Polyp ist hingegen wohl einfach eine beleidigende Abwandlung von Polizist. Schnittlauch (einem Witz zufolge mit der Begründung „außen grün, innen hohl“) bezieht sich auf die grüne Uniform der deutschen Polizei – genauso wie die Bezeichnungen Trachtengruppe, Oberförster und Herren in Grün.

Von den Gschmierten und den Kieberern

Dann gibt es noch einen ganz großartigen Begriff, der gleichzeitig die Verbindung zu dem österreichischen Repertoire herstellt: die Schmiere. Das Wort hat nichts mit „bestechen“ zu tun. Auch hier stoßen wir auf jiddische Wurzeln: Laut Duden geht die Schmiere auf das jiddische Wort „schmiro“ zurück, das „Wache“ oder „Wächter“ bedeutet. Diese Schmiere führte wohl auch zu dem Begriff Schmiere stehen, also im Sinne von einem Aufpasser, der im Notfall ruft: „Achtung, die Schmiere kommt!“. Und in Österreich? Da sprechen wir von den Gschmierten.

Im Österreichischen geht es außerdem weiter mit den jiddischen Einflüssen. Wir kommen zu dem (u.a. dank Wiener Tatort auch in Deutschland bekannten) Wort Kieberer, oder, wie es eigentlich viel eher ausgesprochen wird: Kiewara. Die gesamte Polizei im Gegensatz zu einzelnen Polizisten wäre dann die Kieberei (Kiewarei). Zwar besagt ein Ansatz, dass diese Begriffe alle auf das mittelhochdeutsche „kabelen“, also „schimpfen“ zurückgehen. Ebenso findet sich jedoch die Erklärung, sie hätten sich aus dem jiddischen bzw. rotwelschen Wort „kewjus“ entwickelt, das für „Sicherheit“ steht. Oder auch aus „Kiewisch“, das ebenfalls rotwelsche Herkunft hat und „Kiebitz“ bedeutet.

Zur Erklärung – Was ist Rotwelsch?

Aber jetzt endlich zum Thema Rotwelsch. Dazu findet sich ein ausführlicher und wie ich finde guter Artikel in der Wikipedia. Zusammenfassend: Rotwelsch bezeichnet gewisse auf der deutschen Sprache basierende Soziolekte von Randgruppen, zu denen unter anderem “fahrendes Volk” und “kriminelle Subkulturen” gehörten. Der Duden (neben anderen) spricht in diesem Zusammenhang auch von Gaunersprache. Der hohe Anteil an jiddischen bzw. hebräischen Lehnwörtern (neben anderen Einflüssen wie Sintitikes, Niederländisch und Französisch) erklärt sich u.a. dadurch, dass Juden so lange Zeit von handwerklichen und landwirtschaftlichen Berufen ausgeschlossen und zu “fahrenden”  Berufen, wie dem Handel, gezwungen waren.

Von der Heh zum Häfn

Es bleibt noch ein letztes Juwel der österreichischen Polizei-Bezeichnungen: die Heh. Erstaunlich, wie viele Erklärungen oder besser gesagt Meinungen es zur Herkunft eines einzigen Worts bestehend aus nur drei Buchstaben geben kann. Der Übersichtlichkeit zuliebe hier als Aufzählung:

  1. Abgeleitet von „Höhe“ im Sinne von „hohe“ Obrigkeit.
  2. Abgeleitet von „Höhe“ in Bezug auf die früher berittene Polizei (hoch oben auf ihren Pferden).
  3. Abgeleitet von einer alten Adresse einer Wiener Polizeizentrale auf der Elisabethhöhe.
  4. Abgeleitet vom „Heh!“-Ruf der Polizisten.
  5. Abgeleitet von dem Wort „Hecher“, der angeblichen Bezeichnung für einen mittlalterlichen Scharfrichter (doch dafür fand ich keine Wörterbucheinträge, nur zum „Henker“).
  6. Abgeleitet von dem Wort „Häfn“, einem Wiener Dialektwort für Gefängnis.

Und übrigens: der Häfn wird anscheinend deshalb so genannt, weil das Gefängnis einem großen Topf gleicht, in den einfach alle(s) hineingeschmissen wird. Im Wienerischen ist der Häfn einfach eine große Tasse oder eben ein Behältnis im Sinne eines Topfes.

Und das war noch längst nicht alles. Da gibt es noch den Bau, das Loch, den Knast, das Kittchen, die schwedischen Gardinen und jede Menge andere Begriffe aus dem Polizeijargon. Weil aber kein Mensch so viel lesen will, müssen wir das ein andermal klären.

 

 

Zusätzliche (zu den hier genannten) Quellen:

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