Wer’s glaubt, wird selig. Wer’s nicht glaubt, bekommt zumindest Geschenke.
Sie ist ein bisschen kompliziert, die Sache mit dem Christkind und dem Weihnachtsmann. Ihre genauen Zuständigkeitsbereiche sind schwer einzugrenzen. Grob gesagt kommt das Christkind nach Österreich, in die Schweiz, nach Süd-Deutschland und auch in einige andere katholische Regionen Deutschlands. Ansonsten auch noch nach Ungarn, Tschechien, in die Slowakei und angeblich in den Süden Brasiliens. Für Nord- und Ostdeutschland, die Niederlande, Skandinavien, Großbritannien und die USA ist der Weihnachtsmann zuständig. Oder so ähnlich. Die detaillierten Geschichten würden diesen Rahmen und bestimmt auch jede Lesebereitschaft sprengen. All das ist aber ausführlich in der Wikipedia nachzulesen: Christkind vs. Weihnachtsmann.
Wichtig ist: beide bringen Geschenke. Und die sind ja einer der Hauptbestandteile des Weihnachtsfestes. Ich denke, das dürfen wir ruhig so sagen, denn so richtig religiös sind nun einmal die wenigsten von uns. Wenn wir ehrlich sind, freuen wir uns demnach gar nicht so arg auf die Geburt Christi, sondern vor allem auf den Weihnachtsbaum, darunter liegende Päckchen und im besten Fall auch auf die Familie. Solange wir auch noch an das Christkind bzw. den Weihnachtsmann glauben, ist der 24. Dezember überhaupt der von purer Glückseligkeit durchflutete Höhepunkt des Jahres. Doch in beinahe jedem Leben kommt irgendwann die herzzerreißende Erkenntnis, dass das mit den Geschenken wohl doch ganz anders läuft.
Wer’s glaubt, wird glücklich
Christkind? „Wer’s glaubt, wird selig.“ So könnte das Urteil ab einem Alter von etwa sechs oder sieben lauten. Und tatsächlich trifft es diese eigentlich ironische Wendung ganz gut. Sie kommt – diesmal wenig überraschend – aus der Bibel und ist im Grunde eine Parodie auf einen Vers des Markusevangeliums, wo es heißt: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“
Wer also glaubt, dem oder der wird Seligkeit versprochen. Und was bedeutet „selig“? Selig bedeutet „den himmlischen Wonnen teilhaftig“ oder „von allen irdischen Übeln erlöst“. Das Wort „selig“ geht zurück auf das indogermanische Wort „sel“, was „günstig“ bzw. „guter Stimmung“ bedeutete. Im Mittelhochdeutschen wurde es zu „sælec“ und bedeutete „glücklich“. Und auch heute wird „selig“ noch als Synonym für „überglücklich“, „froh“ bzw. „ein tiefes Glücksgefühl verspürend“ verwendet.
Geschenke in rauen Mengen
Auch zu Weihnachten gilt: Wer nicht glaubt – an das Christkind oder auch den Weihnachtsmann – dem werden einfach nicht dieselben himmlischen Wonnen und dieselbe Glückseligkeit zuteil, wie den glücklichen Gläubigen bis zum Alter von etwa sechs oder sieben. Was wir aber dürfen – auch ohne zu glauben und sogar ohne getauft zu sein – das ist, Geschenke zu bekommen. Sogar in rauen Mengen. Diese “rauen” Mengen beziehen sich hier übrigens nicht auf “rau” im Sinne von “kratzig” oder als Gegenteil von “glatt”. Das würde ja auch wenig Sinn ergeben. In dieser Wendung leitet sich “rau” von dem jiddischen Wort „raw“ ab, das ganz einfach „viel“ bedeutet.
Es geht also um Geschenke. Um ganz viele Geschenke. Und manchmal oder auch oft ist vor allem wichtig, dass geschenkt wird, nicht so sehr, was geschenkt wird. Das ist aber schade, weil wir dann nach dem 24. Dezember viele neue Dinge haben, die wir gar nicht so richtig brauchen oder nicht einmal haben wollen. Meine Regel lautet daher: Verschenke nichts, das nicht gegessen, getrunken, gelesen oder zumindest angezogen werden kann. Nichts, dessen einzige Aufgabe es ist, auf einem Regal zu stehen (es sei denn, es hat etwas mit Fotos zu tun). Und: mach nur dann eine Ausnahme von genannter Regel, wenn sich jemand etwas anderes ausdrücklich wünscht. Oder natürlich bei Kindern. Aber sobald die sprechen können, tritt ja ohnehin die Ausnahmeregelung in Kraft.
Was bleibt uns also zu wünschen, zu Weihnachten? Ein bisschen Glückseligkeit – mit oder ohne Glauben. Für die etwa 0-7-Jährigen: Ein glitzerndes Fest mit ganz viel Zauber und Spannung und schönen Überraschungen. Für die etwa 8-18-Jährigen: Möglichst viele lange ersehnte Geschenke (und ein bisschen Taschengeld für den Rest). Und für alle anderen: dass das Geben am Ende vielleicht wirklich seliger macht als das Nehmen.
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