13
Dez
2014
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Unter einer Decke stecken oder sich nach ihr strecken. — Vom Heiraten, “Packeln” und Helfen.

Ausnahmsweise ohne lange Umschweife wird heute ein Gegenstand ins Spiel gebracht, der gerade Hochsaison hat: die Decke. Nicht nur, weil jetzt eine gute Zeit ist, viele Stunden mit und unter ihr zu verbringen, sondern auch, weil uns die Decke in gewisser Hinsicht einen zweiten, in dieser Zeit des Feierns nachdenkenswerten Aspekt näher bringt: das Haben bzw. Nichthaben.

Veträge unter der Decke

In einer ihrer bekanntesten Einsätze, dem „unter einer Decke stecken“, bedeutet die Decke nichts Gutes. Was buchstäblich gemütlich klingt, hat im übertragenen Sinn die Bedeutung einer geheimen Absprache oder Geschäftemacherei. Dabei ist der Ursprung dieser Redewendung gar nicht negativ. Er geht auf einen mittelalterlichen Rechtsbrauch bei der Eheschließung zurück, dem zufolge eine Trauung erst dann offiziell vollzogen war, wenn das Paar (wohl vor den Augen aller) im Ehebett unter einer Decke lag. Ein gedanklicher Faden von einer intimen Beziehung zu einer anderen, allzu “intimen” Beziehung?

Es gibt allerdings auch eine zweite Erklärung, die ebenfalls auf das Mittelalter zurückgeht. Ritterepen berichten davon, dass sich Ritter oft als „Waffenbrüder“ ein Bett teilen mussten, wenn es in Burgen oder anderen Schlafstätten zu wenige davon gab. Die Ritter, die so „unter einer Decke” steckten, setzten sich auch im normalen Leben füreinander ein und hatten einen starken Zusammenhalt. Eine Geschichte, die beinahe romantischer klingt als die der Eheleute.

Wer packelt, braucht keine Tuchent

Unter einer Decke zu stecken lässt sich auf unterschiedliche Weise in viele andere Sprachen übersetzen, aber wahrscheinlich in keine so großartig wie ins Österreichische. Hier gibt es eine Sprachperle, deren Glanz wirklich kaum zu überbieten ist: „Unter der Tuchent packeln“.

Die „Tuchent“, die in Österreich eine mit Federn gefüllte Bettdecke bezeichnet, hat einen nicht sicher geklärten Hintergrund. Sehr wahrscheinlich ist allerdings wieder einmal eine Entlehnung aus dem Tschechischen bzw. Slowakischen, wo „duchna“ ebenfalls eine Bettdecke beschreibt. Und wer in Österreich „packelt“, der macht im negativen Sinn gemeinsame Sache – der „paktiert“. Oft auch noch heimlich. Im Grunde drückt also das „Packeln“ auch ohne die Tuchent schon aus, worum es beim „unter der Decke Stecken“ geht. Nur natürlich bei weitem nicht so schön.

Wer sich nach der Decke streckt, liegt unter ihr

Eine zweite, viel verwendete Redewendung spielt ebenfalls mit dem Bild der Decke, wobei oft fälschlicherweise angenommen wir, dass es sich dabei um die Raumdecke handelt. „Sich nach der Decke strecken“ bedeutet jedoch nicht, sich nach oben zu strecken, um die Decke zu erreichen, also sich besonders anzustrengen. Es bedeutet, sich (beim Zudecken) nach der Länge der Decke zu richten. Wer nicht unbedeckt schlafen will, darf sich nicht mehr ausstrecken, als die Decke dies erlaubt, oder, wie es Goethe in seinem Gedicht „Sprichwörtlich“ (1812) sagte: „Wer sich nicht nach der Decke streckt, dem bleiben die Füße unbedeckt.“ Sich nach der Decke strecken zu müssen bedeutet also im übertragenen Sinn, sparsam zu sein und mit dem auskommen zu müssen, was da ist. Besonders dann, wenn das eben nicht besonders viel ist.

Nun haben wir (und ich meine damit mich und die meisten Menschen in meinem Umfeld) ja alles, was es überhaupt zu haben gibt und noch viel mehr. Wir müssen uns nicht nach der Decke strecken, wir kaufen einfach eine, die so lang und breit ist, wie wir sie haben wollen. Oft denken wir einfach nicht darüber nach, was für ein Glück das ist. Oft aber auch schon. Und manchmal, da wollen wir anderen etwas davon geben und zumindest kurz das Gefühl haben, dass das alles vielleicht doch nicht so ungerecht ist. Zu Weihnachten wird wahrscheinlich am meisten darüber nachgedacht, wie wir die vielen großen Decken teilen oder ver-teilen können. Ist das scheinheilig? Vielleicht. Sollten wir nicht das ganze Jahr lang versuchen, die Ungerechtigkeit auszugleichen? Ganz bestimmt. Und trotzdem wird jede Hilfe, die jetzt zu Weihnachten ankommt, sinnvoller sein als gar keine.

 

Urheberrecht Bild: kryzhov / 123RF 

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