23
Apr
2015
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Der gute Ton macht die Zukunftsmusik. Nicht dieselbe alte Leier.

Es gibt Sprachen, die auch ohne Worte auskommen und das sogar über Länder und Kulturen hinweg. Wie zum Beispiel die Musik. Ist sie vielleicht nicht per se eine Sprache, so kann sie doch ziemlich viel, das Sprache auch kann: Botschaften transportieren, Menschen einander verständlich machen, näher bringen oder auch genau das Gegenteil. Sie kann Gefühle auslösen, zum Ausdruck bringen und sie sogar kommunizieren. Ihrer Definition nach ist die Musik natürlich etwas, das wir hören, bestehend aus „akustischem Material“, „Tönen und Klängen innerhalb des für Menschen hörbaren Bereichs“. Doch der von dem Wort „Muse“ abgeleitete Begriff bezeichnete ursprünglich ganz unterschiedliche Arten musischer Betätigung.

Die Musik

Platon beschrieb die Musiké im Gegensatz zur Gymnastik, also der „Ertüchtigung des Körpers“, als „Ausbildung des Geistes“ und dazu gehörten für ihn vor allem Schreiben, Lesen, Gesang und das Lyraspiel. Im Laufe der Zeit wurde der Begriff auf die Tonkunst bzw. die Theorie des Klanges verengt und schließlich wurde die Musik im 18. Jahrhundert zu einem Teilbereich der schönen Künste. Musik ist eine Kunstform, da sind sich heute fast alle einig. Und Musik in meinen Ohren ist etwas, das ich als schönen, wohltuenden Klang, als erfreuliche Botschaft empfinde, so verstehen es ebenfalls die meisten.

Das Lied

Die Musik hat also einen weiten Weg hinter sich und bis heute fällt es schwer, eine allgemeingültige Erklärung für sie zu finden. Aber auch hinter dem Lied steckt mehr Bedeutung, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Denn das Lied war nicht immer eine „Melodie, mit der ein Gedicht unterlegt ist“, wie es heute der Duden definiert, oder einfach irgendein Musikstück, wie wir es oft verstehen. Das Lied umfasste ursprünglich viel allgemeiner einen „Vortrag“, der zumeist öffentlich stattfand, aber nicht zwangsläufig von Musik begleitet wurde. Bezeugen kann dieses Stückchen Geschichte unsere Sprache, denn wenn wir heute von etwas ein Liedchen singen können, dann steckt genau das dahinter: wir könnten ganze Vorträge darüber halten. Vielleicht hat all das auch etwas damit zu tun, dass wir nicht immer dasselbe alte Lied hören wollen. Oder immer dieselbe alte Leier. Zweitere bezeichnet allerdings weniger einen Vortrag, sondern geht ganz eindeutig auf eine Melodie zurück. Nämlich auf die der Drehleier, eines alten Saiteninstruments, das nur auf einer Tonlage gespielt werden konnte und entsprechend wenig Variationsmöglichkeiten in Ton und Melodie bot. Die beschränkte Tonfähigkeit dieses Instruments wurde schließlich zum Sinnbild für endlose Wiederholung und Eintönigkeit – etwas, das wir im Grunde nicht ertragen können.

Der Ton

Der richtige oder wohlklingende Ton spielt natürlich eine entscheidende Rolle – in der Musik und in jeder anderen Kommunikation. Denn: der Ton macht die Musik und wer sich im Ton vergreift, der gibt etwas von sich, das so gar nicht wie Musik in den Ohren klingt, sondern eher falsch oder zumindest unpassend beim Gesprächspartner ankommt. Beide Wendungen gehen wohl auf den guten Ton zurück, der vor allem ab dem 17. Und 18. Jahrhundert eine immer größere Rolle spielte. Schon da war nämlich laut Freiherr Adolph Knigge klar, dass „sich alles nach dem Ton stimmt, den der Fürst angibt“. Was also ein guter Ton war, das bestimmten nicht unbedingt die Hörer, sondern „tonangebende Persönlichkeiten“, die auch sonst alles bestimmten. Das alles liegt zwar in der Vergangenheit, doch der gute Ton ist uns bis in die Gegenwart erhalten geblieben.

Und in der Zukunft? Da spielt wieder die Musik. Oder noch immer. Obwohl die Zukunftsmusik, die mittlerweile einfach etwas beschreibt, das noch in weiter Ferne liegt, ebenfalls eine Schöpfung der Vergangenheit ist. Der Begriff wurde im 19. Jahrhundert verwendet, um neuartige und als allzu progressiv empfundene Musikrichtungen zu beschreiben (die natürlich auf heftige Kritik und vehemente Gegner stießen). Die Zukunftsmusik war also ursprünglich nichts Gutes. Etwas später wurde der Begriff sogar zu einer Spottbezeichnung für die Musik Richard Wagners, die wohl ebenfalls von vielen als un-guter Ton empfunden wurde.

Was lernen wir also aus der Sprache? Die alte Leier finden wir nicht gut. Aber das Neue und Neuartige ist doch meistens hässlich, unpassend oder ganz und gar falsch. Erst einmal, zumindest. Bis wir es dann oft genug gehört, uns daran gewöhnt haben und den neuen Ton irgendwann doch ganz gut finden.

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