15
Jul
2015
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Hackeln, barabern, malochen. Wir arbeiten nur für’s eigene Leben gern.

Arbeit ist doch so etwas Wichtiges. Nicht nur, weil der Mensch wohl im Grunde dafür gemacht ist, irgendetwas zu tun, sondern natürlich vor allem auch zum Zwecke der Existenzsicherung. Und dies gleich in zweierlei Hinsicht, denn selbstverständlich soll unsere Arbeit unseren Lebensunterhalt einbringen und für das finanzielle Überleben sorgen. Gleichzeitig sichert sie allerdings auch einen Aspekt unseres Daseins, der heute oft mindestens genauso unverzichtbar ist – unsere Rolle und Identität in dieser oder zumindest in unserer ganz eigenen Welt. Unsere Existenzberechtigung.

Arbeit ist Sein

Wie wir über sie sprechen, zeigt im Grunde schon ganz gut, wie viel mehr unsere Arbeit für uns ist, als bloß das, was wir tun. Wir sagen schließlich nicht, dass wir als Lehrer*, Dachdecker oder Pilot arbeiten, oder dass wir den Beruf des Bäckers, Architekten, Sportlers oder Musikers gewählt haben. Wir erklären viel eher, dass wir Lehrer, Dachdecker Pilot, Bäcker, Architekt, Sportler oder Musiker sind. Wir sind also, was wir arbeiten. Und was heute meist hinzukommt, ist das große Privileg (und damit auch der große Druck), wählen zu können, wer oder was wir sein oder auch werden wollen. Wir können uns selbst verwirklichen, also das, was wir sein wollen, zur Wirklichkeit machen. Das ist irgendwie super und irgendwie auch mühsam.

Arbeit ist Pflicht

Arbeit ist also Sein und Arbeit ist auch Selbstverwirklichung. Was ist Arbeit aber noch? Arbeit ist vor allem auch Pflicht und notwendige Anstrengung. Und das bestimmt schon viel länger als alles andere. Sprachlich gesehen ist sie sogar ein echtes „Mühsal“, eine „Strapaze“, eine „Plage“, wie die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „ar(e)beit“ im Mittelhochdeutschen lautete. Dieses geht wiederum auf ein germanisches Wort zurück, das “verwaist sein” bzw. „ein zu schwerer körperlicher Tätigkeit verdingtes Kind sein” bedeutete. Eine dunkle Vergangenheit, die es der Arbeit bestimmt schwer gemacht hat, im Laufe der Geschichte zu einer etwas positiveren Bedeutung zu gelangen.

Arbeit ist in vielerlei Munde

Dass wir heute sehr viel und sehr vielfältig über Arbeit sprechen, könnte mit ein Grund dafür sein, warum wir auch so viele Wörter für sie haben. Wir können schuften – ein Wort, das nichts mit „Schuft” zu tun hat, sondern mit der Tätigkeit des „Schiebens“ verwandt ist. Das in weiten Teilen des deutschen Sprachraums beliebte schaffen geht auf das „Schnitzen“ oder „Schaben“ von Gegenständen zurück. Wer sich abrackert, arbeitet besonders hart, und das aus gutem Grund: im Mittelhochdeutschen war der „Racker“ nämlich ein Knecht, der besonders harte Arbeit verrichtete. Und schließlich gibt es noch die Maloche, ein jiddisches Wort für (schwere) Arbeit, das (wie viele andere) über das Rotwelsche, also die Gaunersprache, in unseren Sprachgebrauch gelangte.

Arbeit ist Österreicherin

Im Österreichischen ufert es wie so oft noch ein wenig mehr aus. Am allermeisten hackeln wir natürlich, ein Wort, das sich sehr eindeutig auf die Arbeit mit der Hacke bzw. der Axt zurückführen lässt, heute aber nicht mehr nur noch für körperliche Arbeit verwendet wird (obwohl ein Hackler in den meisten Fällen tatsächlich ein Arbeiter ist). Das ist aber nicht alles. Wir können auch barabern, wenn wir wirklich wirklich schwere Arbeit leisten, und machen es in dem Fall dann wie die „Knechte“. Denn sehr wahrscheinlich geht „barabern“ auf das tschechische „poroba“ für „Knechtschaft“ zurück. Manchmal müssen wir richtig ruacheln, also uns so richtig anstrengen oder sogar ums Überleben kämpfen. Ein Ausdruck, der wohl auf das mittelhochdeutsche „ruochen“ mit der Bedeutung „sich sorgen“ oder „sich kümmern“ zurückgeht. Das vor allem in Wien gebräuchliche tschinageln leitet sich allem Anschein nach nicht vom ungarischen „csinál“ für „machen“ ab, sondern setzt sich aus dem mittelhochdeutschen Wort „schin“ für „Schiene“ und „nageln“ zusammen. Wer sich schließlich allzu sehr abmüht, kann sich auch (ab)fretten, oder buchstäblich „aufreiben“ und „wund reiben“, wie es in der mittelhochdeutschen Form als „vret(t)en“ noch hieß.

Drückeberger sind Schmarotzer

Was sie alle gemeinsam haben, ist der Beigeschmack der besonderen Anstrengung, oder zumindest das Empfinden besonderer Anstrengung. Denn keines der genannten Wörter hat eine positive Assoziation oder vermittelt das Bild einer angenehmen, erfüllenden Tätigkeit. Komisch eigentlich, angesichts der Tatsache, dass sie uns doch heute so wichtig ist, die Arbeit. Aber wichtig ist uns vor allem auch, dass sich niemand dieser Anstrengung entzieht, sich vor der Arbeit drückt, sich also zusammendrückt und ganz schmal, quasi unsichtbar macht, um ihr zu entgehen. Das sind dann nämlich Drückeberger, die sich sprachlich gesehen ähnlich wie die Schlauberger aus dem Verb „drücken“ und einem verbreiteten Familiennamen gebildet haben. In Österreich auch gerne Owezahrer genannt, also Nichtstuer und Faulenzer, die auf unsere Kosten leben und für die wir arbeiten müssen. Die Legende besagt übrigens, dass der Owezahrer auf das Sägen von Baumstämmen zurückgeht. Da gab es einen, der die Säge hochziehen musste und einen, der den leichten Part ohne viel Anstrengung über hatte: das Hinunterziehen, also Owezahn der Säge. Jedenfalls mögen wir solche Faulenzer nicht, Menschen, die von unserer Arbeit profitieren, oder profitieren könnten, Schmarotzer, oder „Bettler“, wie es das Wort „smorotzer“ im 15. Jahrhundert noch bedeutete. Wir arbeiten zwar gerne für unser Leben und manchmal auch für unser Leben gern. Und natürlich sind wir froh, in einer Welt zu leben, wo uns geholfen wird, wenn wir nicht mehr dieselbe Anstrengung und Leistung aufbringen können. Aber uns zugunsten anderer anzustrengen – das fällt uns dann leider doch recht schwer.

 

* Diese und folgende Berufsbezeichnungen beziehen sich selbstverständlich auf Frauen und Männer und würden demnach die männliche wie auch weibliche Mehrzahl verlangen. Dem Lesefluss zuliebe beschränke ich mich allerdings auf eine Form. Und weil ich natürlich sehr höflich bin, gebe ich dem anderen Geschlecht den Vortritt.

 

Urheberrecht Bild: anyka, 123rf

 

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