5
Feb
2016
0

Vom Fleck weg unter der Haube. Wie zeitlos ist die Ehe?

„Das erste Band der Gesellschaft ist die Ehe”, meinte Cicero angeblich irgendwann um 60 v.Chr. Er selbst war zwei Mal verheiratet – einmal davon mit einer 45 Jahre jüngeren Frau. Die Ehe war einst vor allem eines: Absicherung – existenzielle wie auch gesellschaftliche. Nicht nur zu Lebzeiten Ciceros, sondern bis ins Mittelalter, in die Neuzeit und ins 20. Jahrhundert hinein. Und irgendwie bis heute. Was heute aber doch anders ist als im Mittelalter: es entscheidet nicht mehr unbedingt ein genähter „Fleck“ über die Tauglichkeit einer Frau als Gemahlin.

Die Geschichte des Wortes „Ehe“, die auf das mittelhochdeutsche ēwe bzw. das althochdeutsche ēwa, ēwī für „Ewigkeit“ oder „Gesetz“ zurückführt, erzählt von der gesetzlich geregelten Verbindung zwischen Mann und Frau. Die ältesten belegten Gesetzestexte aus etwa 2000 v. Chr. lassen darauf schließen, dass Ehen ursprünglich eine Art Friedensvertrag oder Bündnis zwischen Sippen und Clans waren. Im antiken Rom galt die Familie dann als wichtige Stütze der Gesellschaft und die Ehe als gute Möglichkeit, um Familien wirtschaftlich und politisch zu verbünden. Häufige Scheidungen und mehrmaliges Heiraten waren zu jener Zeit übrigens durchaus noch üblich. Monogamie und die Quasi-Unauflöslichkeit der Ehe setzten sich unter Druck der Kirche erst im 10. Jahrhundert durch.

Im Mittelalter war die Ehe überhaupt nur jenen Bürgern vorbehalten, die wirtschaftlich in der Lage waren, eine Familie zu unterhalten – also etwa der Hälfte der Bevölkerung. Vollzogen war eine Eheschließung damals dann, wenn die Brautleute nach den Festlichkeiten und der offiziellen Besteigung des Brautbettes unter einer Decke steckten. Auch in der Neuzeit galt die Ehe als vorrangig wirtschaftliche Partnerschaft: Der Mann sorgte für den Lebensunterhalt und die Frau für den Mann.

Irgendwann begannen wir schließlich auch, aus Liebe zu heiraten oder zumindest heiraten zu wollen. Diese Entwicklung setzte verstärkt mit Aufkommen der Romantik im 18. Jahrhundert ein. Es entstand das Ideal einer romantischen Heirat aus Liebe, das dann aber dennoch meistens vernünftigeren Beweggründen unterlag. Das hat sich erst Ende des 20. Jahrhunderts so richtig geändert. Bzw. so richtig geändert im Grunde auch nicht, denn immer noch gibt es doch so einige „vernünftige“ Gründe, eine Ehe einzugehen, die gar nicht so viel mit Romantik zu tun haben – von einem Gehört-sich-so bis hin zu Kinderversorgung, Vermögenssicherung und Steuervorteilen. Womit wir Ehe aber weiterhin alle verbinden: Stabilität, Langfristigkeit und Sicherheit. Von den einen angestrebt, von den anderen gescheut.

Angesichts dessen erklärt es sich recht simpel, dass wir den „Hafen“ als Sinnbild für (nach langer Reise erlangter) Sicherheit und Ruhe zu einer Metapher für die Ehe gemacht haben. In den Hafen der Ehe einzulaufen kann das Ziel einer langen Reise in unserem Leben bedeuten – und schließlich ein Ankommen und das Ende einer Suche. Ob wir nun tatsächlich einen Bund fürs Leben schließen oder doch nur für einen Abschnitt davon, das erahnen wir beim Einlaufen nicht und wollen oder sollen es wohl auch gar nicht wissen. Schließlich ist das Schöne am Ankommen ja, nicht gleich von der nächsten Reise getrieben zu sein.

Wer jemanden vom Fleck weg heiratet, hat es mit dem Heiraten vielleicht allzu eilig. Aktuelle Statistiken meinen nämlich, dass die heute immer später geschlossenen Ehen (Männer heiraten mittlerweile durchschnittlich im Alter von etwa 32, Frauen im Alter von etwa 30 Jahren) auch zu sinkenden Scheidungsraten geführt haben. Drum prüfe, wer sich ewig bindet, wie wir immer noch aus dem Gedicht „Die Glocke“ von Friedrich von Schiller zitieren, hat also ganz aktuelle Bedeutung – je erprobter die Beziehung, desto erfolgreicher die Ehe. Oder so ähnlich. Das würde übrigens auch einer Herkunftserklärung für die Wendung vom Fleck weg in die Karten spielen, welcher zufolge der „Fleck“ nicht als Synonym für „an Ort und Stelle“ und die damit verbundene Spontanität zu verstehen ist, sondern auf eine Prüfung zurückführt, die Frauen einst absolvieren mussten, um von ihren Schwiegermüttern als brauttauglich befunden zu werden. Auf einem Fleck oder „Flicken“ Stoff sollten die potenziellen Bräute durch Näh-, Stick- oder Stopfproben ihr handwerkliches Geschick unter Beweis stellen. Wer sich hier auszeichnete, wurde von diesem Fleck weg geheiratet. So zumindest in dieser Version der Geschichte. Das würde allerdings auch bedeuten, dass nur Frauen vom Fleck weg geheiratet werden konnten. Und genauso verhält es sich mit dem unter die Haube kommen. Denn diese Sprachperle hat ihren Ursprung in einer bis in die Römerzeit zurückreichenden Regel für verheiratet Frauen, ihr Haar unter einer Kopfbedeckung zu tragen, da es unbedeckt als aufreizend galt. Eine Frau unter die Haube zu bringen bedeutete also, ihr einen ehrenwerten Status als Ehefrau zu ermöglichen.

Ob damals oder heute – einiges muss beachtet, geklärt und geregelt werden, bevor wir uns tatsächlich das Jawort geben. Erst dann werden die Ringe getauscht  – und das auch erst seit dem 13. Jahrhundert – davor war dieser Brauch nämlich nicht üblich. Als Kreise ohne Anfang und Ende sollen unsere Trauringe die Unendlichkeit der so geschlossenen Verbindung symbolisieren. Und ob nun bis dass der Tod uns scheidet oder auch früher – ein bisschen Unendlichkeit bleibt bestimmt von jeder Vermählung zurück – auf dem Papier, in unserem Gedächtnis und meistens auch tief eingeprägt in unserer Seele.

 

Zusätzliche (zu den hier genannten) Quellen:
Mittelalter-Lexikon: “Eheschließung”
rundschau-online.de: “Paare heiraten immer später
oesterreich.orf.at: “Es wird wieder mehr geheiratet

Bild:
Kupferstich von Johann Georg Wisger; dargestellt sind von links nach rechts: Kurfürst Ludwig IV von der Pfalz [reg 1437-1449] und seine Gemahlin Margarete [gest 1479], Kurfürst Friedrich I sowie das Brautpaar der Amberger Hochzeit, Kurfürst Philipp und seine Gemahlin Margarete [Stadtmuseum Amberg, Foto: Wolfgang Steinbacher]; 

 

2 Responses

  1. Ein interessanter Beitrag; auch, dass Scheidungen in sehr frühen Zeiten durchaus üblich waren… Es gibt auch heute noch viele Länder, wo die Ehe einfach ein wesentlicher Sicherheitsfaktor für die Frau und die Kinder darstellen, nämlich überall, wo es keine so einfache soziale Unterstützung für alleinerziehende Mütter gibt wie bei uns. Da ist also eindeutig noch einiges mehr dabei als dass es um Liebe geht.

    1. Nicola

      Liebe Caro, vielen Dank für den Kommentar. Selbstverständlich, da haben Sie ganz Recht – die Entwicklung bezieht sich vor allem auf unser mitteleuropäisches, oder vielleicht “westliches” Verständnis von Ehe. Wir müssen gar nicht unbedingt in weit entfernte Kulturen und Kontinente gehen, um ganz andere Konzepte von Ehe zu erleben (nicht nur, was die finanzielle Unterstützung anbelangt). Diese Anmerkung sollte ich in dem Artikel vielleicht noch ergänzen.

Beitrag kommentieren