Ein Heidenspaß! Wir feiern gern wie die Wilden.
Während es sich in der Schule, im Büro, am Spielplatz, in Diskussionen und Streitgesprächen, beim Einkaufen, in der Bank, im Restaurant, am Steuer, im Zug oder überhaupt bei den meisten öffentlichen Interaktionen eher weniger geziemt, sich wie verrückt und wie die Wilden aufzuführen, ist es an anderer Stelle geradezu Pflicht oder zumindest Qualitätsmerkmal: beim Feiern. Das können nämlich diejenigen am besten, die es am zügellosesten tun. Und je mehr wir loslassen, uns gehen-, alles rauslassen und die sonst so notwendige Selbstkontrolle abgeben, desto größer ist auch der Spaß. Ein Heidenspaß kann es dann sogar werden. Ein Begriff, der auf den ersten Blick vermuten lässt, die gottlosen Heiden hätten aufgrund ihres von religiösen Regeln verschont gebliebenen Lebens nun einmal einfach mehr Spaß. Aber möglicherweise ist es auch ganz anders.
Religiös betrachtet waren Heiden ursprünglich jene, die nicht einer monotheistischen Religion angehörten, also nicht an nur einen Gott glaubten – anders als die Christen, Juden und Moslems. Als Heiden oder Ungläubige bezeichneten aber vor allem die Christen irgendwann all jene, die keine Christen waren. Und negativ behaftet ist das Wort Heide, das wohl eine Übersetzung von „paganus“ ist und ganz einfach auf „pagus“ für „Landvolk“ oder „Dorfbewohner“ im Gegensatz zur Stadtbevölkerung zurückgeht, bis heute. Heiden sind wild, gottlos und unzivilisiert.
Zwar kann es also durchaus sein, so die Quellen, dass der Heidenspaß etwas mit den wilden Heiden zu tun hat und wie auch bei der Heidenangst, dem Heidengeld oder dem Heidenspektakel als von diesen Wilden herrührende Verstärkung eingesetzt wird. Möglicherweise lässt sich der Begriff aber auch einfach durch den Ausdruck im Heidi erklären, der unter anderem Jubel oder beschwingte Bewegung ausdrückt. Heidi gehen hatte außerdem die Bedeutung von „verloren gehen“: wer einmal heidi war, der war „verloren“ bzw. „aus achtloser Lust dahin“. Und schließlich ist uns ein fröhliches Heidi! auch als Ausruf der Freude und Ausgelassenheit bekannt – wenn auch vorwiegend aus dem volkstümlichen Musikkontext.
Lachen bis zum Tod
Spaß ist also vielleicht gottlos und vielleicht auch nicht. Sogar noch ein wenig weiter als zur Gottlosigkeit treibt es der Mordsspaß. Wie auch beim Totlachen scheint die Grenze zwischen Ausgelassensein und dem Tod durch wilde Euphorie sehr fein zu sein. Tatsächlich gibt oder gab es einmal die Legende vom Tod durch Lachen, welcher zufolge allzu starke Lachanfälle Herzversagen verursachen können. Das bloße Lachen als Todesursache (sofern nicht bereits ernsthafte Erkrankungen vorliegen) ist heute allerdings widerlegt.
Es haben sich außerdem auch andere, sehr echte und sichtbare Folgen des Lachens bleibend in unserer Sprache niedergeschlagen: Wir lachen uns scheckig, wenn wir vor lauter Lachen Flecken im Gesicht haben, krumm und bucklig, schief oder auch einen Ast, wenn wir uns vor Lachen krümmen. Das ganz arge Lachen fühlt sich manchmal an wie Bauchmuskeltraining und das ist nicht einmal nur so ein Gefühl. Beim Lachen werden nämlich allein in der Gesichtsregion 17 Muskeln betätigt – am ganzen Körper sogar 80. Bestimmt einer der Gründe, warum Ärzte bestätigen, dass Lachen gesund ist und, ähnlich wie das Küssen, nicht nur Geist sondern auch Körper anregt. Im Gehirn wirkt Lachen übrigens auf dieselben Regionen, in denen auch Kokain seine euphorische Wirkung tut.
Es gehört also wohl nicht nur viel mehr geschmust, wie oft behauptet wird, sondern auch viel mehr gelacht. Oder, wie es im Buch Kohelet steht: es braucht viel „Zeit fürs Weinen und Zeit fürs Lachen, Zeit fürs Klagen und Zeit fürs Tanzen.“ Und alles davon am besten wild und wie verrückt.