21
Sep
2016
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Friede, Freude, Eierkuchen – Alle lieben den Schmarrn.

Friede, Freude, Eierkuchen war das Motto der allersten Berliner Love Parade im Jahr 1989. Dass Dr. Motte dieses Motto für die Veranstaltung ausrief, hatte vor allem den Grund, die Parade als Demonstration deklarieren zu können. In dieser neuen Rolle hatte die Redewendung eine etwas andere Bedeutung als im allgemeinen Sprachgebrauch, wo sie viel eher eine schöne, vorgeschobene oder auch scheinheilige Fassade beschreibt als tatsächliches Glück. Im Falle der Love Parade stand „Friede“ hingegen ganz konkret für Abrüstung, „Freude“ für Musik und „Eierkuchen“ für eine gerechte Nahrungsmittelverteilung. Woher die Redewendung sprachlich gesehen kommt, weiß niemand so richtig. Selbst die Gesellschaft für deutsche Sprache, die einst versuchte, per Preisausschreiben eine Lösung für dieses Rätsel zu finden, kam dem sprachlichen Dreiklang nicht so ganz auf die Spur.

Die erste schriftliche Erwähnung der Redensart fand sich in einer Ausgabe des Satiremagazins Eulenspiegel aus dem Jahr 1959. Dazu passen würde die Erklärung, dass der zweite Weltkrieg etwas mit ihrer Entstehung zu tun hatte – einer Deutung zufolge wurde das Ende des Krieges nämlich in manchen (deutschen) Regionen mit Eierkuchen gefeiert. Dass die doch recht einfache Speise aus Mehl, Milch und Eiern selbst in kargen Zeiten von vielen zubereitet werden konnte, mag einer der Hauptgründe dafür sein. Und auch für die Tatsache, dass Eierkuchen, Pfannkuchen, Plinsen, Palatschinken oder wie sie auch immer genannt werden, beinahe auf der ganzen Welt gemacht, gegessen und geliebt werden.

Die Krönung des Eierkuchens

Ob russische Bliny, polnische Racuchy, tschechische Lívance, französische Crêpes oder auch amerikanische Pancakes, ob klein und dick oder groß und hauchdünn, ob süß oder pikant, ob Dessert oder Hauptgang – ihnen allen liegt in gekonntester Popsong-Manier eine so simple und doch jeden Geschmack treffende Komposition zugrunde. Und müssten wir uns entscheiden, welches Volk Europas oder gar der Erde die absolute Krönung der Eierkuchenschöpfung verkörpert, so könnten wir getrost, wenn auch natürlich nicht vollkommen unvoreingenommen, auf Österreich blicken.

Hier hat es vor allem die Palatschinke in ihrer hauchzarten und zumeist von Marillenmarmelade begleiteten Variante zu besonders großem Ruhm gebracht – weit über die Landesgrenzen hinaus. Über die deutschsprachigen Grenzen müssen wir allerdings auch blicken, wenn wir der Geschichte der Palatschinke und ihrem Namen auf den Grund gehen wollen. Nämlich wieder einmal in die Länder der Habsburger Monarchie, genauer gesagt nach Ungarn, wo das Wort „palacsinta“ einst aus dem rumänischen „plăcintă“ bzw. dem lateinischen „placenta“ für „Kuchen“ entstanden ist. Dass im österreichischen Deutsch aus der Endung „-inta“ plötzlich das slawisch klingende „-inke“ wurde, könnte damit zu tun haben, dass zur Zeit des Kaiserreiches die stark vertretenen slawischen Sprachen einen großen Einfluss auf die Sprachentwicklung hatten.

Noch ein wenig royaler, wenn auch in seinem Erscheinungsbild deutlich rustikaler als die Palatschinke, tritt nur ein weiterer österreichischer Vertreter des Eierkuchens auf: der Kaiserschmarrn. Die Geschichte seines Namens führt uns zu den unterschiedlichsten Legenden und Theorien, wie etwa der von Leopold, dem Hofküchen-Pâtissier Kaiserin Elisabeths. Auf der Suche nach kalorienarmen Desserts für die figurbewusste – um nicht zu sagen magersüchtige – Sissi versuchte er es mit einer leichten Eierkuchenvariante begleitet von Zwetschgenröstern – und fiel damit prompt bei der Kaiserin durch. Nur der Franzl als gütiger Kaiser erbarmte sich der süßen Speise, angeblich mit den Worten: „Na geb’ er mir halt den Schmarren her, den unser Leopold da wieder z’sammenkocht hat.“

Ob Schmarrn oder Kuchen – wir lieben, was uns schmeckt. Und wie friedlich könnte die Welt sein, wären wir uns nur bei allem so einig wie bei der Verbindung aus Mehl, Milch und Eiern.

 

Urheber Bild: pixelsaway / 123RF Lizenzfreie Bilder

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