21
Mai
2015
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Sag’ es mit Blumen. Es sei denn, du kannst es mit Worten.

Bei dem ganzen Spielen mit Sprachperlen stellt sich immer wieder heraus, dass es tatsächlich noch viel mehr Sprache gibt, als es unsere Buchstaben und Wörter vermuten lassen. Die Sprache der Musik, zum Beispiel, mit der wir kürzlich gespielt haben. Oder auch die Sprache der Blumen. Mehr als nur ein ausgelutschter Begriff zum Muttertag ist die Blumensprache tatsächlich ein recht ausgeklügeltes System an Symbolen und Bedeutungen, das helfen kann, das Unsägliche zu sagen. Zumindest war sie das einmal.

Blumen als Symbole sind zwar bereits seit den ägyptischen Hieroglyphen und dem alten China belegt. Doch uns Europäer erreichte die Blumensprache wohl erst im 18. Jahrhundert, als sie aus dem Orient nach Großbritannien importiert wurde. Im biederen Viktorianischen Zeitalter waren verbale Gefühlsäußerungen weitgehend verpönt und so fiel der neu entdeckte Blumencode bald in ganz Europa auf sehr fruchtbaren Boden. Zuerst wurden mit einzelnen Blumenarten einfache Botschaften übermittelt, wie Zuneigung, Liebe, Ablehnung, Desinteresse. Doch nach und nach kamen immer neue Aspekte und Bedeutungsnuancen hinzu: bestimmte Blumenmischungen, die Art, wie sie gehalten wurden, die Richtung, in die sie zeigten, die Art des Arrangements als Strauß in der Hand, als Bouquet am Herzen (ein Symbol für große Zuneigung) oder auch im Haar (ein klarer Ausdruck der Ablehnung).

Durch die Blume

Kaum jemand weiß heute noch um die Bedeutung der einzelnen Blumen oder gar der genannten Feinheiten Bescheid. Doch das Sprechen durch die Blume haben wir uns behalten. Meistens bedeutet es, eine eher negative Botschaft so auszudrücken, dass sie möglichst schonend bei unserem Gegenüber ankommt. Wir sagen es verblümt. Oder auch andersrum: Wir können unverblümt unsere Meinung äußern und etwas sagen, das normalerweise nicht so leicht über die Lippen geht und für gewöhnlich auch nicht besonders gerne gehört wird. Danke für die Blumen! kann wiederum die ironische Antwort auf eine (verblümte oder unverblümte) Kritik oder Beleidigung sein.

Mit leeren Blümchen

Die Redeblume bzw. den Redeschmuck kannte bereits die antike Rhetorik als „flosculus“, also „Blümchen“. Heute wird die davon abstammende Floskel nur noch im Sinne von (gehaltlosen) Redewendungen oder Füllwörtern verstanden. Die Floskel ist also kein Blümchen mehr, das negative Aussagen schönen muss. Abgesehen von Situationen vielleicht, in denen wir lieber vorsichtige Phrasen dreschen als echte Inhalte zu formulieren, die möglicherweise auf Kritik oder Ablehnung stoßen könnten. Übrigens kommt das Phrasendreschen von dem Bild, leeres Stroh zu dreschen. Denn als „leer“, als gehalt- und inhaltslos bezeichnen wir das, was wir mit Wörtern ausdrücken, ohne damit irgendetwas zu sagen. Worthülsen also, die keine echte Bedeutung tragen.

Unter einer Rose

Mehr noch als das, was wir sagen, bedeutet oft das, was wir nicht sagen oder zumindest nicht sagen sollten. Auch das geht mit Blumen. Bzw. ging es, denn der Ausdruck, etwas sub rosa, also „unter der Rose“ zu sagen, ist im Deutschen mittlerweile nicht mehr so gebräuchlich. Er bedeutete, etwas unter dem Siegel der Verschwiegenheit auszutauschen. Die Wendung geht wohl auf das Symbol der Schweigerose zurück, das sich noch in vielen mittelalterlichen Rittersälen und über Beichtstühlen findet und zum Stillschweigen über das dort Gesagte ermahnte.

Was ist jetzt aber der sprachliche Nutzen der Blumensprache? „Sag’ es mit Blumen“, werden wir zwar immer wieder aufgefordert. Aber wozu? Wir können mit Blumen etwas Negatives schonend übermitteln, etwas Unangenehmes ohne Worte sagen oder etwas Geheimes gar nicht sagen. Klingt nicht so romantisch. Vielleicht also ist dies einer jener seltenen Fälle, in dem wir einfach nicht so viele Worte über den Sinn der Sprache verlieren sollten.

 

Urheberrecht Bild:  Fabio Alcini, 123rf

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